Verträge mit „Einiges Russland“: Putins Helfer in Europa
In Westeuropa führen Italien und Österreich den Block der Nationalisten an. Dort regieren mit FPÖ und Lega Nord extrem rechte Parteien, die Kooperationsabkommen mit Putins Partei „Einiges Russland“ unterzeichnet haben. Wenn die Minister Strache und Salvini die EU sabotieren, schwimmen sie auf einer Wellenlänge mit ihren russischen Gesinnungsfreunden.
Am 28. November 2016 fasste der Generalrat von Russlands Regierungspartei Einiges Russland den Beschluss, mit zwei europäischen extrem rechten Parteien, nämlich der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) unter der Führung von Heinz-Christian Strache und der italienischen Lega Nord (LN) unter Matteo Salvini, ein fünfjähriges Abkommen über Kooperation und Zusammenwirken zu unterzeichnen. Beide Übereinkommen, die im Dezember 2016 und März 2017 unterzeichnet wurden, stellten sich als nahezu identisch heraus – ein Hinweis darauf, dass entweder Einiges Russland den Text im Kern diktiert hat oder, dass die drei Parteien den Inhalt gemeinsam ausgearbeitet haben, was zu bezweifeln wäre.
Moskau hat mit den zwei extrem rechten Regierungsparteien einflussreiche Verbündete mitten in der Europäischen Union hinzugewonnen.
Einige Monate früher, am 11. April 2016, hatte Einiges Russland bereits ein Kooperationskommen mit der Serbischen Volkspartei (Srpska narodna partija, SNP) unter der Führung von Nenad Popović geschlossen, die an der Regierung beteiligt ist und für prorussische und EU-feindliche Haltungen bekannt ist. Die drei europäischen Parteien verbindet ein pikantes Detail: Nenad Popović, Johannes Hübner und Johann Gudenus von der FPÖ sowie Claudio D’Amico von der Lega Nord hatten im März 2014 die Rolle ausländischer Beobachter bei dem illegitimen Referendum auf der Krim übernommen, einem Referendum, das von den Vereinten Nationen nicht anerkannt wurde und auf das die Annexion der ukrainischen autonomen Republik durch Russland folgte.
Auch Abkommen mit serbischer Regierungspartei
Es war kein Zufall, dass Einiges Russland das Abkommen mit der SNP keine zwei Wochen vor den Parlamentswahlen in Serbien schloss; die SNP war dort Teil des Wahlbündnisses von Ministerpräsident Aleksandar Vučić. Einiges Russland schien Popovićs SNP politisch unterstützen zu wollen. Angesichts des generell russlandfreundlichen politischen Umfeldes in Serbien wird ein Bündnis einer Partei mit Moskau dort positiv aufgenommen.
Die feierliche Unterzeichnung des Abkommens mit der österreichischen FPÖ, bei der Sergej Schelesnjak, der Stellvertretende Sekretär des Generalrats von Einiges Russland den Ko-Vorsitz innehatte, stand ebenfalls in Beziehung zu einer Wahl – wenn auch in etwas anderer Art und Weise: 2016 fand in Österreich die Wahl des Bundespräsidenten statt, und Alexander Van der Bellen, der von den Grünen unterstützt wurde, sowie Norbert Hofer von der FPÖ gewannen den ersten Durchgang. Die Stichwahl fand am 4. Dezember statt (Van der Bellen siegte). Zu dem Zeitpunkt, da Einiges Russland bekennt gab, ein Abkommen mit Straches Partei zu schließen, lagen Van der Bellen und Hofer in den österreichischen Umfragen gleichauf. Offenbar hoffte man, dass Hofer gewinnen könnte, wenn er gemeinsam mit Strache zur symbolträchtigen Unterzeichnung nach Moskau eingeladen würde. Der Plan ging nicht auf – Hofer verlor – doch das Abkommen wurde trotzdem unterzeichnet.
Das Abkommen mit der Lega Nord wurde am 6. März 2017 unterschrieben. Die Norditaliener hatten Einiges Russland seit 2014 mit dem Ziel eines solchen Abkommens umgarnt. Auch in Italien fand die Bekanntgabe der geplanten Unterzeichnung eines Abkommens mit einer Abstimmung zusammen: Am 4. Dezember 2016 fand in Italien die von Ministerpräsident Matteo Renzi initiierte Volksabstimmung über eine Verfassungsänderung statt. Die Italiener lehnten Renzis Vorschläge ab. Renzi trat zurück und machte den Weg für Neuwahlen frei.
Informationsaustausch und Vernetzung
Den Texten der Übereinkommen zufolge versprechen die Vertragspartner einander, „das multilaterale Zusammenwirken und die Zusammenarbeit auszuweiten und zu vertiefen“. Zu diesem Zweck sehen die Parteien einen Informationsaustausch hinsichtlich der Situation in den jeweiligen Ländern und in der Weltpolitik sowie einen Erfahrungsaustausch beim Parteiaufbau, bei der Organisationsarbeit, in der wirtschaftlichen Entwicklung und in der Gesetzgebungsarbeit vor. Der Informationsaustausch solle über regelmäßige Besuche von Delegationen erfolgen sowie über Fachkonferenzen, Seminare, Runde Tische und verschiedene bilaterale Formate. Die Parteien kamen auch überein, die Zusammenarbeit von Jugend‑, Frauen und humanitären Organisationen zu fördern (im Abkommen mit der FPÖ wurden auch „Bildungsorganisationen“ genannt, während in dem Abkommen mit der Lega Nord stattdessen „Kulturorganisationen“ zu finden waren). Diese Zusammenarbeit solle die Freundschaft zwischen den Ländern stärken und die jungen Generationen im „Geist des Patriotismus“ formen, wie auch im Falle der FPÖ die „Arbeitsfreude“ und bei der Lega Nord an „harter Arbeit“. Interessanterweise ist der Begriff „Arbeitsfreude“ aus dem Abkommen mit der FPÖ im Deutschen heikel, da er von den Nazis besetzt und zu Propagandazwecken benutzt wurde. Schließlich verabredeten die Parteien, „die Entwicklung der Zusammenarbeit in Fragen der Wirtschaft, des Handels und der Investitionen zu fördern“.
Kreml-Verbündete im Herzen der EU
Aus praktischer Sicht besiegeln die Übereinkommen eine Zusammenarbeit, die bereits seit Jahren geschieht. Sowohl die FPÖ, wie auch die Lega Nord sind vor der Unterzeichnung zugunsten des Kreml aktiv gewesen. Auch haben Politiker beider Parteien bei regelmäßigen Besuche in Russland Informationen zu den in den Papieren genannten Fragen ausgetauscht. Die Abkommen haben allerdings einen nicht zu unterschätzenden symbolischen Wert. Im Fall der FPÖ hoffte Moskau, sich mit einer direkten Verbindung zum österreichischen Bundespräsidenten brüsten zu können. Das gelang zwar nicht, doch immerhin sind FPÖ und Lega Nord inzwischen Regierungsparteien und Teil einer nationalistischen Front gegen Multilateralismus, Freiheit und Demokratie.
Die Abkommen mit Einiges Russland bedeuten zwar nicht, dass FPÖ und Lega Nord zur Umsetzung der Abmachungen verpflichtet sind. Allerdings belegt die Existenz dieser Dokumente, dass Moskau mit den zwei extrem rechten Regierungsparteien nun einflussreiche Verbündete mitten in der Europäischen Union hinzugewonnen hat.
Verwandte Themen
Newsletter bestellen
Mit dem LibMod-Newsletter erhalten Sie regelmäßig Neuigkeiten zu unseren Themen in Ihr Postfach.