Abschreckung, Resilienz und mehr europäisches Engagement

Bei unserer jüngsten Konferenz „Russland und der Westen“ wurden folgende Eckpunkte einer künftigen Russland-Strategie genannt:
- Deutliche Stärkung der kurz- und langfristigen militärischen und wirtschaftlichen Unterstützung der Ukraine, damit sie als souveräner und demokratischer Staat bestehen kann und die Ziele Russlands scheitern. Da die USA ihre finanziellen Hilfen für die Ukraine eingestellt haben, muss Europa diese Aufgabe übernehmen. Gleichzeitig ist es wichtig, die USA einzubinden, da sie Fähigkeiten haben, die Europa derzeit nicht hat. Europa solle die Ukraine mit Waffen unterstützen und die gelieferten Waffenkategorien erweitern. Eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern durch Deutschland könnte die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass die USA mit Tomahawk-Lieferungen nachziehen. Zudem muss in die ukrainische Rüstungsindustrie investiert werden.
- Stärkung der europäischen Verteidigungs- und Abschreckungsfähigkeiten: Einsatzregeln an neue Realitäten anpassen und den Ausbau eigener Industriekapazitäten, Waffenbeschaffungen innerhalb Europas und in den USA sowie Investitionen in die ukrainische Rüstungsindustrie koordiniert forcieren.
- Erhöhung des Drucks auf Russland, um die Dynamik der Situation zu verändern. Europa darf nicht zulassen, dass Russland dauerhaft die Agenda bestimmt und den Westen vor strategische Dilemmata stellt. Um den Kreml selbst vor solche Dilemmata zu stellen, müssten ihm Kosten auferlegt werden. Dazu gehörten neben der umfassenden Unterstützung der Ukraine die konsequente Anwendung und Ausweitung von Sanktionen, insbesondere gegen Einnahmen aus Energieexporten, die Putins Krieg finanzieren, einschließlich eines entschlossenen Vorgehens gegen die russische Schattenflotte.
- Den Aggressor zur Kasse bitten und eingefrorene russische Vermögenswerte konsequent als Darlehen für die Ukraine einzusetzen.
- Investitionen in die eigene Resilienz und die Entwicklung einer umfassende Strategie hybrider Abschreckung, um Europa widerstandsfähiger zu machen und russischen Einflussversuchen entgegenzuwirken.
- Neues Denken bei der Rolle der Ukraine in der künftigen europäischen Verteidigungs- und Abschreckungsfähigkeit. Die Ukraine ist nicht nur Sicherheitskonsument, sondern auch Sicherheitsgarant. Eine autonome europäische Verteidigung und Abschreckung ist ohne die ihre Einbeziehung nicht ernsthaft denkbar. Die Erfahrungen der Ukraine im Krieg mit Russland sind für Europa von zentraler Bedeutung, weil es zunehmend bedroht und nicht ausreichend darauf vorbereitet ist. Wenn Europa sich künftig gegen Bedrohungen aus Russland schützen will, muss es von der Ukraine lernen, mit ihr zusammenarbeiten und sie politisch sowie militärisch in Europa integrieren. Ein institutioneller Rahmen dafür sind NATO und EU, die jedoch wegen Differenzen unter den Mitgliedstaaten häufig an ihre Grenzen stoßen. In dieser Situation kommt sogenannten Pionierländern – insbesondere den nordischen und baltischen Staaten –, die eine konsequente und entschlossene Politik gegenüber der Ukraine befürworten, eine Schlüsselrolle zu. Diese Länder sollten vorangehen und Druck auf andere Mitgliedstaaten ausüben, damit diese folgen.
- Stärkung des politischen und wirtschaftlichen Engagement Europas in der unmittelbaren und weiteren Nachbarschaft (Westbalkan, Moldau, Zentralasien), um russischen Einfluss entgegenzuwirken.
- Ein vertieftes Verständnis des russischen Regimes, seiner Politik, seiner Stärken, aber auch seiner potenziellen Bruchstellen zu fördern. Dafür müssten Kooperation und Vernetzung unter Russland-Expertinnen und ‑Experten gestärkt werden, um Entwicklungen in der russischen Gesellschaft und in den Regionen besser erfassen zu können.
- Ein offensiveres Agieren in der russischen Informationssphäre, um der russischen Öffentlichkeit zu vermitteln, dass Russland diesen Krieg nicht gewinnen wird und dass das Land unter diesem Regime keine Zukunft hat.
- Vorbereitung auf verschiedene Szenarien innenpolitischer Entwicklungen in Russland und langfristig einen politischen Wandel zu fördern, auch wenn dieser in absehbarer Zeit unwahrscheinlich scheint.
Eine solche konsequente Politik kann es den Europäern ermöglichen, ihre Macht so auszubauen, dass sie mit Putin auf Augenhöhe und direkt über europäische Sicherheit sprechen können und dabei in der Ukraine eine tragende Rolle spielen. Denn Europa verfügt über die notwendigen Ressourcen und Handlungsmöglichkeiten. Was noch gebraucht wird, sind Schnelligkeit, Entschlossenheit und Einigkeit.
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