Gemein­sa­mes State­ment von in Russ­land als „uner­wünscht“ gelis­te­ten deut­schen Organisationen

Russ­land erklärt immer mehr aus­län­di­sche Stif­tun­gen, Hoch­schu­len, Think Tanks und NGOs zu „uner­wünsch­ten Orga­ni­sa­tio­nen“. Was das für deren Arbeit bedeu­tet, steht in dieser Erklä­rung neun betrof­fe­ner deut­scher Orga­ni­sa­tio­nen, dar­un­ter auch das Zentrum Libe­rale Moderne.

Vor kurzem wurde bekannt, dass die Deut­sche Gesell­schaft für Ost­eu­ro­pa­kunde, die Fried­rich-Ebert-Stif­tung, das Lew Kopelew Forum, OWEN – Mobile Aka­de­mie für Geschlech­ter­de­mo­kra­tie und Frie­dens­för­de­rung und die XZ Foun­da­tion auf die Liste der in Russ­land uner­wünsch­ten Orga­ni­sa­tio­nen gesetzt wurden. Damit sind unter den mehr als 145 gelis­te­ten Orga­ni­sa­tio­nen inzwi­schen über 20 betrof­fene Orga­ni­sa­tio­nen aus Deutsch­land. Sie sind in den Berei­chen Politik, Zivil­ge­sell­schaft und Wis­sen­schaft tätig und bilden damit alle zen­tra­len gesell­schaft­li­chen Tätig­keits­fel­der ab.

In Russ­land als uner­wünscht ein­ge­stuft zu werden, kommt einem Verbot gleich. Rus­si­sche Staats­an­ge­hö­rige machen sich straf­bar, wenn sie mit uns zusam­men­ar­bei­ten. Dies gilt auch für eine Zusam­men­ar­beit außer­halb Russ­lands. Jede Koope­ra­tion, ob bei Ver­an­stal­tun­gen, For­schungs­pro­jek­ten oder Publi­ka­tio­nen, kann mit Geld­stra­fen und im Wie­der­ho­lungs­fall mit Frei­heits­stra­fen von bis zu sechs Jahren geahn­det werden.

Die Kon­se­quen­zen für die gelis­te­ten Orga­ni­sa­tio­nen fallen ganz unter­schied­lich aus, je nach Umfang der Akti­vi­tä­ten in Russ­land. Wir sind uns aber darin einig, dass es nicht nur darum geht, unsere Arbeit zu be- oder ver­hin­dern. Vor allem dienen die Ein­stu­fun­gen als Vorwand für Repres­sio­nen, mit denen die rus­si­sche Bevöl­ke­rung ein­ge­schüch­tert werden soll. Und es geht darum, Ein­fluss auf die deut­sche Öffent­lich­keit zu nehmen.

Vor dem Hin­ter­grund rus­si­schen Prä­si­dent­schafts­wah­len, die weder frei, geheim noch gleich waren, halten wir es für not­wen­dig, auf diese Aspekte mit Nach­druck auf­merk­sam zu machen. Die Macht­po­si­tion Wla­di­mir Putins wurde durch die “Wahlen” noch einmal gefes­tigt und es ist zu befürch­ten, dass die innen­po­li­ti­schen Repres­si­ons­schrau­ben weiter ange­zo­gen werden und auch neue gegen den Westen gerich­tete Maß­nah­men ergrif­fen werden.

Wir möchten die fol­gen­den Punkte betonen:

Die Andro­hung dra­ko­ni­scher Strafen soll rus­si­sche Staats­bür­ge­rin­nen und Staats­bür­ger davon abhal­ten, mit west­li­chen Insti­tu­tio­nen zusam­men­zu­ar­bei­ten. Dies richtet sich nicht expli­zit an regime­kri­ti­sche Per­so­nen, sondern an die Gesell­schaft in Gänze. Die Kon­se­quen­zen einer Listung tragen vor allem die rus­si­schen Staats­an­ge­hö­ri­gen, die für oder mit einer ‘Orga­ni­sa­tion’ zusam­men­ar­bei­ten, die zu einer ‘uner­wünsch­ten Orga­ni­sa­tion’ erklärt wird.

Die vom Regime in Moskau ange­strebte Ent­flech­tung der rus­si­schen von west­li­chen Gesell­schaf­ten erreicht damit ein neues Niveau. Die rus­si­sche Gesell­schaft soll iso­liert und jeg­li­che Kon­takte zu west­li­chen Gesell­schaf­ten unter­bun­den werden. Die Basis für jedwede Zusam­men­ar­beit wird suk­zes­sive zerstört.

Auf diese Weise möchte das Regime in Moskau auch die Deu­tungs­ho­heit über die Situa­tion im Land sichern. Kri­ti­sche Äuße­run­gen und objek­tive wis­sen­schaft­li­che Ana­ly­sen sollen ver­hin­dert werden. Es handelt sich dabei glei­cher­ma­ßen um einen Angriff auf die Mei­nungs- und Wissenschaftsfreiheit.

Die Listung ‘uner­wünsch­ter Orga­ni­sa­tio­nen’ richtet sich auch gegen die deut­sche Öffent­lich­keit. Indem deut­sche Insti­tu­tio­nen als Gegner geframed werden, sollen Ängste und Ver­un­si­che­run­gen in der Gesell­schaft geschürt werden. Dies ist Teil des Infor­ma­ti­ons­kriegs gegen Deutsch­land. Moskau ver­sucht offen­siv, Ein­fluss auf die Öffent­lich­keit in Deutsch­land zu nehmen, Des­in­for­ma­tio­nen zu ver­brei­ten und die Gesell­schaft so zu spalten. Pola­ri­sie­run­gen, die durch die Ein­stu­fung von Insti­tu­tio­nen als ‘uner­wünscht’ ver­stärkt werden, werden als stra­te­gi­sche Res­source genutzt.

Daraus ziehen wir fol­gende Schlüsse:

Wir dürfen nicht Russ­land die Deu­tungs­ho­heit darüber über­las­sen, welche Maß­nah­men gegen das Regime in Russ­land geboten sind oder welche Unter­stüt­zung für die Ukraine legitim ist. Wir sollten uns nicht ein­schüch­tern lassen von denen, die jede Empö­rung aus Russ­land als Beleg dafür her­an­zie­hen, dass Deutsch­lands Enga­ge­ment zu eska­la­tiv oder zu weit­rei­chend wäre. Wir müssen poli­ti­sche Ent­schei­dun­gen sou­ve­rän und sach­lich diskutieren.

Unsere Ein­stu­fung als in Russ­land ‘uner­wünschte Orga­ni­sa­tio­nen’ hält uns nicht davon ab, uns auch wei­ter­hin für eine demo­kra­ti­sche und freie Gesell­schaft in Russ­land ein­zu­set­zen. Wir tun dies in der gebo­te­nen Vor­sicht zum Schutz unserer rus­si­schen Part­ne­rin­nen und Partner.

Unter­zeich­nende Organisationen:

Aka­de­mi­sches Netz­werk Ost­eu­ropa, akno e.V.
Für den Vor­stand und das SCIENCE AT RISK Emer­gency Office Dr. Philipp Chris­toph Schmä­deke, Stephan Kasch­ner, Dr. Sven Jaros

Aus­tausch e.V.

Coopera e.V.

Deut­sche Gesell­schaft für Ost­eu­ro­pa­kunde e.V. (DGO)

Euro­päi­scher Austausch
Ste­fa­nie Schif­fer, Geschäftsführerin

Hein­rich-Böll-Stif­tung
Jan Phillip Albrecht

XZ Foun­da­tion

Zentrum für Ost­eu­ropa- und inter­na­tio­nale Studien (ZoiS)

Zentrum Libe­rale Moderne (LibMod)

Textende

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