„Niemand bedroht uns, niemand greift uns an“

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Pro­mi­nente rus­si­sche Jour­na­lis­ten, Schrift­stel­le­rin­nen und Men­schen­recht­ler haben einen Aufruf gegen einen „unmo­ra­li­schen, unver­ant­wort­li­chen und kri­mi­nel­len“ Krieg Russ­lands gegen die Ukraine unterzeichnet. 

Die Initia­tive zu diesem Appell ging von einem Kon­gress rus­si­scher Intel­lek­tu­el­ler am ver­gan­ge­nen Wochen­ende aus. Darin heißt es: „Russ­land braucht keinen Krieg mit der Ukraine und dem Westen. Niemand bedroht uns, niemand greift uns an. Ein solcher Krieg kann nicht im Namen des rus­si­schen Volkes geführt werden. Russ­lands Bürger werden als Geisel für kri­mi­nel­les Aben­teu­rer­tum genom­men, in das die rus­si­sche Außen­po­li­tik ver­wan­delt wird.“ Wir emp­feh­len diesen mutigen Aufruf allen, denen an einem Dialog mit der rus­si­schen Zivil­ge­sell­schaft gelegen ist. Putin ist nicht Russland.

„Niemand bedroht uns, niemand greift uns an“

„Der Zustrom alar­mie­ren­der Infor­ma­tio­nen über eine mög­li­che rus­si­sche Inva­sion der Ukraine ver­stärkt sich. Es gibt Berichte über die inten­sive Rekru­tie­rung von Söld­nern in Russ­land und den Trans­fer von Treib­stoff und mili­tä­ri­scher Aus­rüs­tung auf das Ter­ri­to­rium der ukrai­ni­schen Regio­nen Donezk und Luhansk. Als Reak­tion darauf rüstet sich die Ukraine auf und die NATO schickt zusätz­li­che Truppen nach Ost­eu­ropa. Die Span­nung lässt nicht nach, im Gegen­teil – eskaliert.

 

Rus­si­sche Bürger sind in der Tat Geiseln des kri­mi­nel­len Aben­teu­rer­tums, in das sich Russ­lands Außen­po­li­tik ver­wan­delt. Sie leben nicht nur in Unsi­cher­heit darüber, ob ein großer Krieg aus­bre­chen wird, sondern sie erleben auch einen starken Preis­an­stieg und einen Wert­ver­lust der Lan­des­wäh­rung. Brau­chen die Russen eine solche Politik? Wollen sie Krieg und sind sie bereit, die Last davon zu tragen? Haben sie den Behör­den das Recht gegeben, auf diese Weise mit ihrem Schick­sal zu spielen?

 

Niemand fragt die Bürger Russ­lands danach. Es gibt keine öffent­li­che Dis­kus­sion. Das Staats­fern­se­hen prä­sen­tiert nur einen Stand­punkt, und das ist der Stand­punkt der Befür­wor­ter des Krieges. Wir hören, dass direkte mili­tä­ri­sche Dro­hun­gen, Aggres­sion und Hass gegen die Ukraine, Amerika und west­li­che Länder zuneh­men. Aber am gefähr­lichs­ten ist, dass Krieg als eine akzep­ta­ble und unver­meid­li­che Ent­wick­lung dar­ge­stellt wird. Die Men­schen werden getäuscht und kor­rum­piert, und die Idee eines hei­li­gen Krieges mit dem Westen wird ihnen auf­ge­zwun­gen, anstatt das Land zu ent­wi­ckeln und den Lebens­stan­dard seiner Bürger zu ver­bes­sern. Niemand spricht über den Preis, aber es werden die ein­fa­chen Leute sein, die ihn zahlen müssen – ein rie­si­ger und blu­ti­ger Preis.

 

Wir, die ver­ant­wort­li­chen Bürger Russ­lands und Patrio­ten unseres Landes, wenden uns an die poli­ti­sche Führung Russ­lands und stellen eine offene und öffent­li­che Her­aus­for­de­rung an die Kriegs­par­tei, die sich in der Regie­rung gebil­det hat.

 

Wir drücken den Stand­punkt jenes Teils der rus­si­schen Gesell­schaft aus, der den Krieg hasst und es für ein Ver­bre­chen hält, auch nur mili­tä­ri­sche Bedro­hung und einen kri­mi­nel­len Stil in der außen­po­li­ti­schen Rhe­to­rik zu verwenden.

 

Wir hassen Krieg, während Ihr ihn für akzep­ta­bel haltet. Wir stehen für den Frieden und Wohl­stand aller rus­si­schen Bürger, während Sie in Ihrem poli­ti­schen Spiel ihr Leben und schick­sal aufs Spiel setzen. Sie täu­schen und beuten Men­schen aus, während wir ihnen die Wahr­heit sagen. 

 

Wir sind es, die für Russ­land spre­chen, nicht Sie, denn die Völker Russ­lands, die in den Kriegen der Ver­gan­gen­heit Mil­lio­nen von Men­schen ver­lo­ren haben, leben seit Jahr­zehn­ten nach dem Prinzip „damit es keinen Krieg gibt“. Haben Sie das vergessen?

 

Unsere Posi­tion ist sehr einfach: Russ­land braucht keinen Krieg mit der Ukraine und dem Westen. Niemand bedroht uns, niemand greift uns an. Eine Politik, die auf der För­de­rung der Idee eines solchen Krieges beruht, ist unmo­ra­lisch, unver­ant­wort­lich und kri­mi­nell und kann nicht im Namen der Völker Russ­lands durch­ge­führt werden. Ein solcher Krieg kann weder legi­time noch mora­li­sche Ziele haben. Die Diplo­ma­tie unseres Landes kann keine andere Posi­tion ein­neh­men, als diesen Krieg kate­go­risch abzulehnen. 

 

Krieg ist nicht nur unver­ein­bar mit den Inter­es­sen Russ­lands, sondern stellt auch eine Bedro­hung für seine Exis­tenz dar. Die hek­ti­schen Aktio­nen der poli­ti­schen Führung des Landes, die uns in diese Rich­tung drängen, führen unwei­ger­lich zur Ent­ste­hung einer Mas­sen­be­we­gung gegen den Krieg in Russ­land. Jeder von uns wird auf natür­li­che Weise ein Teil davon.

 

Wir werden alles in unserer Macht Ste­hende tun, um den Krieg zu ver­hin­dern und gege­be­nen­falls zu stoppen.“

 

Lew Pono­mar­jow, Menschenrechtsverteidiger
Valery Bor­sh­chev, Menschenrechtsverteidiger
Swet­lana Gan­nusch­kina, Menschenrechtsverteidigerin
Leonid Gozman, Politiker
Leia Akhedzha­kova, Schau­spie­le­rin, Volks­künst­le­rin der Rus­si­schen Föderation
Andrei Makare­vich, Musiker
Garri Bardin, Filmregisseur
Wiktor Szen­de­ro­wicz, Schriftsteller
Tatiana Lazar­eva, Fernsehmoderatorin
Andrei Subow, His­to­ri­ker, Politiker
Andrei Net­scha­jew, Politiker
Alina Witu­chowska, Schriftstellerin
Alek­san­der Bie­la­win, Physiker
Nikolai Rozanov, kor­re­spon­die­ren­des Mit­glied der Rus­si­schen Aka­de­mie der Wissenschaften
Natalia Yev­do­ki­mova, Exe­ku­tiv­se­kre­tä­rin des St. Peters­bur­ger Menschenrechtsrates
Efim Kha­za­nov, Mit­glied der Rus­si­schen Aka­de­mie der Wissenschaften
Ilja Ginz­burg, Phy­si­ker, Professor
Zoya Svetova, Journalistin
Grigori Jaw­lin­ski, Politiker
Lew Schlos­berg, Politiker
Boris Wisch­new­ski, Politiker
Lev Gudkov, Sozio­loge, Doktor der Geisteswissenschaften.
Igor Czubajs, Philosoph
Tatiana Wolcka, Dich­te­rin, Journalistin
Borys Sokołow, His­to­ri­ker, Schriftsteller
Michaił Kriger, Bürgerrechtsaktivist
Wer­o­nika Dolina,Dichter
Wła­di­mir Mir­zo­jew, Filmregisseur
Ksenia Łarina, Journalistin
Andrei Piont­kovsky, Journalist
Marek Urnow, Pro­fes­sor, Natio­nal Rese­arch Uni­ver­sity school of Economics
Michail Law­re­now, Schriftsteller
Nikolai Pro­ku­din, Schriftsteller
Yelena Fanai­l­ova, Dich­te­rin, Journalistin
Grigory Mikhnov-Vai­tenko, Geistlicher
Lew Lewin­son, Menschenrechtsverteidiger
Sergei Hermann, Schriftsteller
Vla­di­mir Alex, Bürgerrechtler
Juri Gim­mel­farb, Journalist
Yuri Samo­du­rov, Menschenrechtsverteidiger
Jewgeni Cimbhal, Bürgerrechtler
Vitaly Dikson, Schriftsteller
Natalia Maw­le­wicz, Übersetzerin
Ashraf Fat­tak­hov, Rechtsanwalt
Wiktor Junak, Schriftsteller
Valeria Prik­hod­kina, Menschenrechtsaktivistin
Yelena Gri­go­rieva, Kinderdichterin
Vera Sza­bel­ni­kowa, Redakteurin
Mahir Mahayev, Phi­lo­soph, Linguist
Grigory Amnuel, Pro­du­zent, Regis­seur, Publi­zist, Politiker
Sergei Kri­venko, Menschenrechtsverteidiger
Yaros­lav Niki­ti­enko, Umwelt- und Bür­ger­recht­ler, Wissenschaftler
Tatiana Jan­kie­le­wicz Bonner, Menschenrechtsverteidigerin
Nikita Sokolov, Historiker
Anatoli Golubow­ski, Historiker
Nikolai Reku­bra­cki, Forscher
Witold Abankin, Menschenrechtsverteidiger
Yelena Bukhvar­eva, Dok­to­rin der Biologie
Igor Topor­kov, Menschenrechtsverteidiger
Jewgeni Kalakin, Filmemacher
Ljud­mila Alpern, Menschenrechtsverteidigerin
Nina Katerli, Schriftstellerin
Vla­di­mir Zalish­chak, Stadtrat
Dr. Olga Mazurowa
Oleg Motkov, Filmregisseur
Natalia Pachsarian, Pro­fes­so­rin an der Mos­kauer Staat­li­chen Universität
Yelena Volkova, Phi­lo­lo­gin, Kulturexpertin
Valery Ostawny, Film­re­gis­seur, Journalist
Georgi Karet­ni­kow, Bürgerrechtler
Marina Borocka, Schriftstellerin
Sergei German, Mit­glied des Rus­si­schen Schriftstellerverbandes
Sergei Luzenko, Animator
Alexei Diverev, Computerprogrammierer
Tatiana Vor­oz­heykina, Dozen­tin, Freie Mos­kauer Staat­li­che Universität
Tatiana Kotliar, Menschenrechtsverteidigerin
Anatoly Barmin, Apotheker
Valen­tin Skvortsov, Pro­fes­sor, Mos­kauer Staat­li­che Universität
Lew Ingel, Physiker
Mikhail Burbot, Historiker
Leonid Chub­a­rov, Professor
Katia-Anna Taguczi, Künstlerin
Jelena Efros, Bürgerrechtlerin
Anna Szapiro, Filmregisseurin
Tatiana Dor­utina, Mit­glied des St. Peters­bur­ger Menschenrechtsrates.
Arkady Konikov, Computerprogrammierer
Sergei Pet­scheng­kin, Bürgerrechtler
Anatoli Rasumow, Historiker
Alex­an­der San­ni­kov, Oberst a.D. der rus­si­schen Streitkräfte
Anatoly Cyrlin, Professor
Karen Hako­bian, Dok­to­rin der Phi­lo­so­phie, Professorin

Dieser Text ist am 29. Januar 2022 in der Website von Echo Moskwy auf Rus­sisch erschienen. 

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