„Die Zei­ten­wende ist noch nicht angekommen“

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Der rus­si­sche Angriffs­krieg gegen die Ukraine ist eine Zäsur. Was bedeu­tet er für uns? Reichen die bis­he­ri­gen Gegen­maß­nah­men, um den Kreml ein­zu­däm­men? Darüber dis­ku­tier­ten pro­mi­nente Gäste aus Politik und Diplo­ma­tie auf einer Gemein­schafts­ver­an­stal­tung des Zen­trums Libe­rale Moderne und der Münch­ner Sicherheitskonferenz.

In seiner Ein­lei­tung mahnte Mode­ra­tor und LibMod-Gründer Ralf Fücks zu drin­gen­dem Handeln „ange­sichts eine Krieges, der immer mehr die Züge eine Ver­nich­tungs­krie­ges annimmt“. Europa sei zwar nicht passiv, „aber es bleibt – vor allem was Deutsch­land angeht – der Ein­druck eines sich wie­der­ho­len­den Musters des too little too late“. Fücks erin­nerte an Nord Stream 2, and die Dis­kus­sio­nen um Waf­fen­lie­fe­run­gen an die Ukraine sowie um einen SWIFT-Aus­schluss Russ­lands. „Sind wir mental und poli­tisch in einer neuen Zeit ange­kom­men? Tun wir alles, damit Putin den Krieg ver­liert, oder hoffen wir immer noch auf ein Arran­ge­ment mit dem Kreml?“ fragte er.

Die Ukraine als „Vorhof von Herrn Putin“

Michael Roth, SPD-Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ter und Vor­sit­zen­der des Aus­wär­ti­gen Aus­schus­ses, räumte ein, dass die „Zei­ten­wende“ bei vielen noch nicht ange­kom­men sei. „Ja wir tun nicht genug für die Ukraine“ sagte er. Für viele Men­schen habe der Osten Europas keine Rolle gespielt und als „Vorhof von Herrn Putin“ gegol­ten. Das ändere sich aber jetzt.

Roth gestand, dass er erst nach Putins „furcht­ba­rer Rede am Montag vor Kriegs­be­ginn“ sich ent­schie­den habe, Waf­fen­lie­fe­run­gen an die Ukraine zu befür­wor­ten. „Aus dem Völ­ker­rechts­bruch ergibt sich eine Bei­stands­pflicht, und nur aus einer Posi­tion der Stärke hat die Ukraine eine Chance, zu über­le­ben“, sagte er.

Michael Roth; Foto: Jet-Foto­/­Kra­nert

Die Vor­sit­zende des Ver­tei­di­gungs­aus­schus­ses, Marie-Agnes Strack-Zim­mer­mann (FDP), wies darauf hin, dass auch die enormen Flücht­lings­ströme Teil des Krieges seien: „Es wird ver­sucht, mit Men­schen­be­we­gun­gen benach­barte Länder zu desta­bi­li­sie­ren,“ sagte sie.

Deutsch­land auch an Dnjestr und Dnjepr verteidigen

Der CDU-Bun­des­tags­ab­ge­ord­nete Rode­rich Kie­se­wet­ter ver­langte ein Ener­gie­em­bargo gegen Russ­land und eine Aus­wei­tung der Mili­tär­hilfe für die Ukraine. „Wir können nicht sagen, unsere Sicher­heit wird am Hin­du­kusch ver­tei­digt, aber nicht an Dnjestr und Dnjepr“, sagte er mit Hinweis auf das Zitat des frü­he­ren Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ters Peter Struck. Nach dem Krieg müsse es für die Ukraine eine EU-Bei­tritts­per­spek­tive geben.

Agnieszka Brugger; Foto: Jet-Foto­/­Kra­nert

Die stell­ver­tre­tende Grünen-Frak­ti­ons­chefin Agnieszka Brugger betonte, dass Deutsch­land die Ener­gie­wende beschleu­ni­gen müsse, um der Ukraine zu helfen: Die Video-Anspra­che Wolo­dymyr Selen­skyjs an den Bun­des­tag vom 17. März beschäf­tigt Brugger bis heute. Der ukrai­ni­sche Prä­si­dent warf darin Deutsch­land vor, immer nur „Wirt­schaft, Wirt­schaft, Wirt­schaft“ gesagt zu haben. „Das war im Rück­blick der größte Fehler,“ resü­miert sie.

Der Westen steckt in einer „Frie­dens­men­ta­li­tät“

Im zweiten Teil des Abends, der vom Sicher­heits­kon­fe­renz-Vize­vor­sit­zen­den Boris Ruge mode­riert wurde, sprach zuerst Pawlo Klimkin via Live-Schalte aus Kyjiw. Der ukrai­ni­sche ex-Außen­mi­nis­ter betonte, dass in seinem Land große Ent­täu­schung über die zöger­li­che inter­na­tio­nale Unter­stüt­zung herr­sche. Das Problem sei, dass der Westen noch in einer Frie­dens­men­ta­li­tät stecke, während in der Ukraine längst Krieg herr­sche. Der Westen tue zwar etwas, sei aber immer noch abwar­tend: „Wenn (er) in dieser Logik ver­harrt, dann hat der Westen schon ver­lo­ren,“ warnte Klimkin.

Der ehe­ma­lige US-Spit­zen­di­plo­mat Dan Fried stimmte Klimkin zu und rief zum Men­ta­li­täts­wan­del auf. „Der Krieg ist da und wir müssen uns darauf ein­stel­len“. Expli­zit wandte sich Fried gegen das Kli­schee dass es keine mili­tä­ri­sche Lösun­gen gebe: „Es gibt eine schlechte mili­tä­ri­sche Lösung – die ist, dass Putin gewinnt. Und es gibt eine gute mili­tä­ri­sche Lösung, nämlich die Ukraine ver­hin­dert, dass Putin gewinnt“.

Dan Fried Foto: Jet-Foto­/­Kra­nert

Swit­lana Salischt­schuk, eine außen­po­li­ti­sche Bera­te­rin der ukrai­ni­schen Regie­rung, appel­lierte an die inter­na­tio­nale Gemein­schaft, den Krieg nicht zu unter­schät­zen. „Das ist ein inter­na­tio­na­ler hybri­der Krieg, den Russ­land in der Ukraine begon­nen hat, den es aber auch in anderen Ländern führt“, sagte sie mit Hinweis auf Cyber­at­ta­cken, Wahl­be­ein­flus­sun­gen und poli­ti­schen Morden wie jüngst im Ber­li­ner Kleinen Tier­gar­ten. Sie betonte, dass die mili­tä­ri­schen Miss­erfolge Moskau nicht weniger gefähr­lich machten. „Der Krieg wird noch dre­cki­ger und bru­ta­ler, schauen Sie nur nach Mariu­pol“, sagte sie. Salischt­schuk warnte davor, Sank­tio­nen als Strafen miss­zu­ver­ste­hen. „Sank­tio­nen sind eine Waffe, um Putins Hand­lungs­fä­hig­keit ein­zu­schrän­ken,“ betonte sie.

Swit­lana Salischt­schuk Foto: Jet-Foto­/­Kra­nert

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