„Russlands Brutalisierung im Inneren hat den Krieg vorbereitet“

Wie können deutsch-polnische Perspektiven eine europäische Russlandpolitik fördern? Wieso herrschen in Deutschland, vor allem im Osten, oft ganz andere Narrative zu Russland als in Osteuropa? Dies waren Kernfragen während der Podiumsdiskussion „Herausforderung Russland“, die das Zentrum Liberale Moderne kürzlich in Jena gemeinsam mit dem dortigen Imre Kertesz Kolleg abhielt.
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Mehr InformationenMaria Sannikova-Franck, Libmod-Programmdirektorin für Russland, referierte eingangs über die Lage innerhalb Russlands und konstatierte, dass der Krieg gegen die Ukraine und die umfassenden Repressionen im eigenen Land sich gegenseitig beschleunigen. Solange das Regime Wladimir Putins an der Macht bleibe, seien Eindämmung und Abschreckung die einzig richtige Russlandpolitik, lautete ihr Fazit.
Ernest Wyciszkiewicz, Direktor des Warschauer Mieroszewski-Zentrums, warnte davor, den von Russland entfesselten Krieg zu unterschätzen. Es gehe nicht einfach um die Verteidigung ukrainischen Territoriums, sondern um die Zukunft Europas. Die Ukraine müsse schon deshalb unterstützt werden, weil ein militärischer Erfolg Moskaus den Europäern noch weitaus teurer zu stehen komme. Wyciszkiewicz zitierte eine im November erschienene norwegische Studie, wonach ein russischer Sieg – einschließlich erwartbarer Flüchtlingsströme – mit bis zu 1,6 Billionen Euro etwa doppelt so teuer komme als die knapp über 800 Milliarden Euro, die für eine ausreichende Unterstützung der Ukraine nötig seien.
„Zutiefst rechtsradikales System“
Der Publizist und Schriftsteller Marko Martin beklagte, dass in der deutschen Debatte gerne übersehen werde, das Russland mittlerweile ein „zutiefst rechtsradikales System“ sei. Anknüpfend an Sannikova-Frank erinnerte er daran, dass vor der Großinvasion von 2022 in Russland häusliche Gewalt entkriminalisiert, LGBT-Personen entrechtet und die Menschenrechtsorganisation Memorial geschlossen worden sei. „Die Brutalisierung im Inneren hat den Krieg vorbereitet,“ konstatierte er.
Der aus Jena stammende und in Kyjiw lebende Osteuropa-Experte Andreas Umland ging dann auf die Schwächen der deutschen und besonders der ostdeutschen Debatte ein. Die Sicht auf Russland sei schon wegen der deutschen Rolle im Zweiten Weltkrieg verständlicherweise anders. Er bemängelte, dass es in Deutschland nicht nur Defizite bei der Expertise zu Russland und seinen Nachbarländern gebe, sondern einen eklatanten Mangel an Wissen über Krieg. „Wir müssen (mehr) Leute haben, die wissen, wie Kriege passieren und wie sie enden,“ forderte er. Die hierzulande verbreitete Friedensforschung sei nicht hilfreich, weil sie zu eng auf die Politik der Opferländer konzentriert sei.

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