„Nur eine Niederlage in der Ukraine kann Russland vom imperialen Wahn kurieren“
Am 25. Februar demonstrierte die russische Exilbewegung Demokrati-JA vor dem Brandenburger Tor ihre Solidarität mit der Ukraine. Während der Veranstaltung wandte sich auch der Gründer des Zentrums Liberale Moderne, Ralf Fücks, an die Menge. Wir dokumentieren hier seine Rede.
Danke an alle, die gekommen sind. Ich wünschte es wären mehr.
In Berlin leben nach offiziellen Zahlen ca. 30.000 russische Staatsbürger. Weshalb protestieren so wenige von ihnen gegen den abscheulichen Krieg, den Russland gegen die Ukraine führt? In Russland erfordert Opposition gegen den Krieg großen Mut. Hier nur eine klare Haltung.
Was hindert die Mehrheit der russischen Diaspora daran, ihre Stimme gegen einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg zu erheben, gegen die Bombardierung von Wohnquartieren und Krankenhäusern, gegen Massenerschießungen, Vergewaltigungen, Folter und die Deportation von mindestens 20.000 ukrainischen Kindern, die zu patriotischen Russen umerzogen werden sollen?
Weshalb schweigen sie zu einem schmutzigen Krieg, der bereits Hunderttausende das Leben gekostet hat – oder rechtfertigen ihn sogar? Und weshalb schweigen so viele Russinnen und Russen im Westen zum Tod von Alexej Nawalny, der unter extremen Haftbedingungen langsam umgebracht wurde, nachdem er den Giftanschlag von Putins Schergen überlebt hatte? Sie genießen hier ein Leben in Freiheit und Sicherheit, während Russland in einer neuen Despotie versinkt und die europäische Friedensordnung angreift.
Wir wissen nicht genau, wie groß der Rückhalt für das Putin-Regime und seinen verbrecherischen Krieg in der russischen Bevölkerung ist. In einer Diktatur gibt es keine zuverlässigen Meinungsumfragen. Vielleicht sind es tatsächlich nur 20–30 Prozent, die den Überfall auf die Ukraine unterstützen und den Krieg bis zum Endsieg wollen.
Das Problem der schweigenden Mehrheit
Aber auch dann ist das Problem die große schweigende Mehrheit, die sich im Zweifel doch um den Kreml schart. Sie mögen den Krieg für einen Fehler halten, aber sie wollen auf keinen Fall eine russische Niederlage. Das ist die Scheidelinie, die sich heute durch Russland und die russische Diaspora zieht.
Wir hatten letzte Woche Garry Kasparow zu Gast, einer der Gründer und führenden Köpfe des „russischen Antikriegskomitees“. Für ihn ist ein russischer Patriot, wer sich für ein demokratisches Russland und für den Sieg der Ukraine einsetzt. Beides hängt unmittelbar zusammen.
Nur eine Niederlage in der Ukraine kann Russland von dem imperialen Wahn kurieren, der so viel Blut und Leid gekostet hat. Putin ist darauf aus, dieses Imperium mit Feuer und Schwert zu restaurieren. Er will das Rad der Geschichte zurückdrehen. Damit darf er nicht durchkommen. Das Imperium muss scheitern, damit es eine Chance auf eine demokratische Erneuerung Russlands gibt.
Wir sind keine Feinde Russlands
Wir sind Gegner des Putin-Regimes und des russischen Imperialismus, keine Feinde Russlands. Unsere Freunde sind all jene, die für Demokratie und Menschenrechte in Russland eintreten und dafür ein hohes persönliches Risiko eingehen. Viele haben dafür mit ihrem Leben bezahlt, Hunderte sitzen in Gefängnissen und Straflagern, Hunderttausende sind im Exil.
Unserem Freund Wladimir Kara-Murza droht das gleiche Schicksal wie Alejej Nawalny. Oleg Orlow, einem der führenden Köpfe von Memorial, erwarten mehrere Jahre Haft, weil er auf dem Roten Platz gegen den Krieg protestierte.
Diese aufrechten Menschen sind ein Licht in der Finsternis; sie halten die Hoffnung hoch, dass es eines Tages doch wieder einen demokratischen Frühling in Russland geben wird. Diesem anderen Russland gilt unsere Sympathie. Damit es leben kann, muss das Putin-Regime fallen.
Die demokratischen Staaten sollten die Fake-Präsidentschaftswahl nicht anerkennen
Die demokratischen Staaten sollten deshalb die Fake-Präsidentschaftswahl im März nicht anerkennen. Nach all den Rechtsbrüchen, Gewaltakten und Kriegsverbrechen kann Putin kein Verhandlungspartner mehr sein. Er gehört vor ein internationales Tribunal. Das wäre ein wichtiges Signal: mit diesem Herrscher hat Russland keine Zukunft.
Wer ein anderes, ein besseres Russland will, muss heute vor allem die Ukraine unterstützen. Eine starke, demokratische und europäische Ukraine ist die größte Gefahr für Putin und die größte Hoffnung für einen politischen Wandel in Russland.
Wir sollten sehr klar unterscheiden zwischen den russischen Bürgern, die sich auf die Seite Putins schlagen, und den anderen, die Partei für die Ukraine ergreifen. Sie sind uns willkommen, sie sollten wir nach Kräften unterstützen, eine demokratische Alternative zum heutigen Regime aufzubauen. Ihre Zeit wird kommen!
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