„Fürch­tet euch nicht vor Regime Change in Russland!“

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Zum Aus­klang unserer Kon­fe­renz „Russ­land und der Westen“ gab es auch dieses Jahr wieder eine öffent­li­che Abend­ver­an­stal­tung. Gut zwei Stunden dis­ku­tier­ten wir mit Abge­ord­ne­ten und Exper­ten über die rich­tige Politik des Westens und einen mög­li­chen Regime­wech­sel in Russland.

„Es ist fast ein Wert an sich, dass ein solche Dis­kus­sion in Berlin statt­fin­det, in der wir offen von Regime Change in Russ­land reden.“ Mit diesen Worten fasste LibMod-Gründer Ralf Fücks den ersten Teil der Ver­an­stal­tung zusam­men, in dem die Panelis­ten über den mög­li­chen Ausgang des Krieges und die Folgen für Russ­land diskutierten.

Fücks argu­men­tierte, dass das Thema Russ­land nach Putin poli­tisch weit­ge­hend „tabu“ sei, obwohl darin der Schlüs­sel für die Zukunft liege. Denn Putin jetzt noch zu einem Poli­tik­wech­sel zu über­zeu­gen sei doch ver­geb­li­che Mühe. Er betonte aber, dass ein Regime­wech­sel letzt­lich von der rus­si­schen Gesell­schaft bewerk­stel­ligt werden müsse. Der Westen solle sich vor allem auf drei Dinge konzentrieren:

  • Alles tun, damit die Ukraine erfolg­reich aus diesem Krieg her­vor­geht und dass der rus­si­sche Neo­im­pe­ria­lis­mus in und an der Ukraine scheitert!
  • Alles zu tun, um die rus­si­sche demo­kra­ti­sche Oppo­si­tion im Exil zu unter­stüt­zen und zu stärken!
  • Die juris­ti­sche Straf­ver­fol­gung in der Ukraine vor­an­zu­trei­ben – und zwar die rus­si­sche Führung ver­ant­wort­lich zu machen für die Gräuel, die da statt­fin­den. „Das wäre auch ein klares Signal – es gibt keine Zukunft für Russ­land mit dieser Führung“.

„Ein Sieg der Ukraine kann zu einer Befrei­ung Russ­lands führen“

Während der Dis­kus­sion kon­sta­tierte der rus­si­sche Geschäfts­mann und Putin-Gegner Michail Cho­dor­kow­ski, dass ein Sieg der Ukraine über Putins Truppen zu einer Befrei­ung Russ­lands führen könnte. Er schränkte aber ein, dass der Umfang der west­li­chen Mili­tär­hilfe dazu nicht ausreicht.

Ähnlich argu­men­tierte Alina Polyakova, die Direk­to­rin des trans­at­lan­ti­schen Thinktanks CEPA. Sie betonte, dass nur die kol­lek­tive Erfah­rung einer Nie­der­lage der rus­si­schen Gesell­schaft den nötigen Impuls für einen Wandel geben könne. Polyakova kri­ti­sierte, dass der Westen „der Ukraine nicht das gibt, was sie braucht, um zu gewinnen“.

Der Grünen Europa-Abge­ord­nete Sergey Lagodin­sky beklagte, dass die west­li­che Mili­tär­hilfe vor allem kurz nach Beginn der Inva­sion zu zaghaft war: „Wenn es jetzt nicht zu Erfol­gen der ukrai­ni­schen Seite kommt, dann tragen wir – auch in Berlin – die Mitverantwortung“.

Lagodin­sky warb erneut für einen Wechsel in der Sank­ti­ons­po­li­tik. Bisher sei es für die Betrof­fe­nen unmög­lich, von der Sank­ti­ons­liste her­un­ter­zu­kom­men, was sie in Putins Arme treibe. Um die rus­si­schen Eliten zu spalten, müsse diesen Leuten ein Ausweg ermög­licht werden: „Wir müssen diese Listen fle­xi­bler gestal­ten, indem wir sagen, wie man wieder run­ter­kommt. Ohne diesen Weg wird es nicht gehen“, sagte der Grünen-Poli­ti­ker. Gleich­zei­tig müsse der Kreis der Sank­tio­nier­ten erwei­tert werden.

Tun wir genug für die Ukraine?

Im zweiten Teil der Ver­an­stal­tung dis­ku­tierte Daniela Schwar­zer, Open Society Europe-Direk­to­rin und mitt­ler­weile Ber­tels­mann-Vor­stän­din, mit Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten über die künf­tige Russland-Politik.

Die FDP-Poli­ti­ke­rin und Vor­sit­zende des Men­schen­rechts-Aus­schus­ses Renata Alt warnte ein­dring­lich vor einer „gefähr­li­chen“ Ermü­dung und Zwei­feln in Teilen der Bevöl­ke­rung. Solche Ten­den­zen seien vor allem massiv in ost­eu­ro­päi­schen Ländern spürbar, sagte die aus der Slo­wa­kei stam­mende Abge­ord­nete. Vielen Men­schen sei nicht klar, was pas­siere, wenn die Ukraine ihre Unab­hän­gig­keit und Sou­ve­rä­ni­tät nicht ver­tei­di­gen könne. Alt warb auch dafür, schon jetzt an Sze­na­rien für ein anderes, libe­ra­les Russ­land zu denken. Ziel müsse sein, der Oppo­si­tion im Land und im Exil Per­spek­ti­ven auf­zu­zei­gen, „für die es sich zu kämpfen lohnt“.

Der Grünen-Abge­ord­nete Robin Wagener betonte, dass es mit dem Putin-Regime keine Rück­kehr zur Nor­ma­li­tät geben könne. „Es geht darum, dass Russ­land die euro­päi­sche Sicher­heits­ord­nung miss­ach­tet und bewusst schred­dert .. und dass wir solange dieses Regime besteht (wir mit Russ­land) eine dau­er­hafte Kon­flikt­ord­nung haben werden“. Die Folgen dafür auf viele Poli­tik­fel­der sei bei vielen noch nicht ange­kom­men, kon­sta­tierte Wagener.

Der CDU-Abge­ord­nete Johann Wade­phul warf der Bun­des­re­gie­rung vor, mit ihrem Zögern die Ukraine nach­hal­tig geschwächt zu haben und for­derte mehr poli­ti­sche Führung aus Berlin inner­halb Europas. Viel hänge von der erwar­te­ten Gegen­of­fen­sive ab: „Wir können uns alle Zukunfts­sze­na­rien sparen, wenn die Ukraine nicht in den nächs­ten Monaten einen nach­hal­ti­gen mili­tä­ri­schen Erfolg hat,“ warnte Wadephul.

Nils Schmid, der außen­po­li­ti­sche Spre­cher der SPD-Bun­des­tags­frak­tion, argu­men­tierte, dass Deutsch­land nicht vor­an­pre­schen sondern „den Laden zusam­men­hal­ten müsse“. Zu glauben, „die deut­sche Regie­rung müsse so handeln wie die pol­ni­sche, würde der euro­päi­schen Füh­rungs­rolle Deutsch­lands nicht gerecht,“ weil dann nicht alle mit­ma­chen würden. Wichtig sei, die Unter­stüt­zung für die Ukraine „zu ver­ste­ti­gen“. Es gehe um „ein Ver­ständ­nis von euro­päi­scher und kol­lek­ti­ver Führung“ und nicht (um eine Führung) wo einer vor­an­mar­schiert, das hat sich nicht bewährt,“ sagte der SPD-Politiker.

Sowohl Schmid als auch Wade­phul beton­ten, dass ein Regime­wech­sel in Russ­land nicht Politik der Bun­des­re­gie­rung sein könne. „Das fehlt Putin jetzt gerade noch und seiner Pro­pa­ganda, dass wir ihm sowas liefern“, meinte Wade­phul. Schmid betonte, dass Deutsch­land selbst­ver­ständ­lich ein demo­kra­tisch und freies Russ­land wolle. Rus­sin­nen und Russen seien „genau­so­we­nig wie die Chi­ne­sen“ weder struk­tu­rell noch gene­tisch bedingt demokratieunfähig.

 

 

Die Ver­an­stal­tung war eine Koope­ra­tion zwi­schen dem Zentrum Libe­rale Moderne und den Open Society Foun­da­ti­ons. Sie schloss die gleich­na­mige Fach­kon­fe­renz des Zen­trums Libe­rale Moderne mit Exper­tin­nen und Exper­ten aus Europa und den USA ab. Die Kon­fe­renz fand in diesem Jahr erst­mals im Rahmen des Expert Network Russia statt.
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