„Putin braucht Krieg um sich zu legitimieren“

Markus Wehner (Mode­ra­tion), Irina Scher­ba­kowa, Ralf Fücks und Maria Domanska (von links) während der Dis­kus­sion in Erfurt.

War die Ent­wick­lung Russ­lands hin zu einer Dik­ta­tur die sich mittels Aggres­sion nach außen (Krieg) und innen (Repres­sio­nen) am Leben erhält, unver­meid­lich? Dies war eine der Kern­fra­gen während der Podi­ums­dis­kus­sion „Her­aus­for­de­rung Russ­land“, die das Zentrum Libe­rale Moderne kürz­lich in Erfurt gemein­sam mit der Stfi­tung Etters­berg abhielt.

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Für Maria Domanska, die Russ­land-Ken­ne­rin vom pol­ni­schen Thinktank OSW, ist die Antwort klar. Min­des­tens 2011/​2012, als Wla­di­mir Putins Beschluss, als Prä­si­dent in den Kreml zurück­zu­keh­ren, Mas­sen­pro­teste aus­löste, war der Weg vor­ge­zeich­net. Weil das System Putin auf einer starken Ver­bin­dung von Außen- und Innen­po­li­tik basiere, wan­delte sich Russ­land zu einem neo­to­ta­li­tä­ren Staat, der aggres­siv nach außen und innen agiert. „Demo­kra­ti­sche Werte wurden zu einer Bedro­hung seiner Herr­schaft und er ver­stand bald, dass er Krieg braucht, um seine Legi­ti­mi­tät zu fes­ti­gen“, sagte Domanska.

Die Russin Irina Scher­ba­kowa von der Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­tion Memo­rial betonte dagegen, dass in Russ­land auch nach 2012 immer wieder gegen Putin pro­tes­tiert wurde – zuletzt bei Alexei Nawal­nys Beer­di­gung 2024. Letzt­lich sei aber der staat­li­che Repres­si­ons­ap­pa­rat stärker gewesen: „Heute weiß in Russ­land jeder, dass man bei einer Fest­nahme gefol­tert werden kann, seit Nawalny weiß man, dass auch Mord möglich ist,“ sagte sie.

Konnte man Russ­lands Weg in den Krieg schon 2001 vor­aus­se­hen? Damals hielt der frisch gekürte Prä­si­dent Putin eine Rede im Bun­des­tag, die vielen hoff­nungs­voll vorkam. Doch schon damals warb Putin dafür, dass Europa und Russ­land ihre Res­sour­cen und Ver­tei­di­gungs­po­ten­tiale ver­ei­ni­gen sollten. Für LibMod-Gründer Ralf Fücks, der als dritter auf dem Podium saß, steckte darin bereits die später ver­brei­tete Vision Moskaus von einer „eura­si­schen Union“ von Wla­di­wos­tok bis Lis­sa­bon – impli­zit ohne die NATO und USA.

Zum Schluss mahnte Fücks, dass Deut­sche und Euro­päer immer noch umden­ken müssten: Man stehe in einem Sys­tem­kon­flikt nicht nur gegen Russ­land, sondern gegen eine „Allianz der Dik­ta­tu­ren“ aus Belarus, Iran, Nord­ko­rea und China: Der Westen müsse stärker werden, denn Schwä­che pro­vo­ziere Putin und die anderen auto­ri­täre Herr­scher. Und vor allem müsse die Ukraine weiter unter­stützt werden: „Wer Ende dieses Krieges will, muss die Ukraine stark genug machen“, for­derte er.

Im Rahmen dieses Pro­jekts ver­an­stal­tet das Zentrum Libe­rale Moderne noch zwei weitere Podi­ums­dis­kus­sio­nen in Thü­rin­gen und Sachsen – am 12. Novem­ber in JENA und am 3. Dezem­ber in LEIPZIG. SAVE THE DATES!

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2024 grün­de­ten das Zentrum Libe­rale Moderne (Berlin) und der War­schauer Thinktank Zentrum für Ost­stu­dien (OSW) eine deutsch-pol­ni­sche Expert:innengruppe zu Russ­land. Ziel der Initia­tive ist es, neue Impulse für die deutsch-pol­ni­sche sowie die euro­päi­sche Russ­land- und Sicher­heits­po­li­tik zu setzen.

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