Michail Cho­dor­kow­ski: Zehn Vor­schläge für ein anderes Russland

Michail Chodorkowski schreibt für LibMod / Zentrum Liberale Moderne über Reformen in Russland für die Zeit nach Wladimir Putin
ВО Свобода via Wiki­me­dia /​ CC BY 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/3.0/deed.de)

Michail Cho­dor­kow­ski war Chef des rus­si­schen Ölkon­zerns Yukos, bevor er als poli­ti­scher Gefan­ge­ner Putins 10 Jahre im Straf­la­ger ver­schwand. Heute fördert er vom bri­ti­schen Exil aus die demo­kra­ti­sche Zivil­ge­sell­schaft in Russ­land. Sein Text skiz­ziert zehn Leit­fra­gen für die Zeit nach Wla­di­mir Putin. Welche Ver­fas­sungs­ord­nung wäre die Beste? Welche Werte könnten Russ­land zusam­men­hal­ten? Welche Lehren sind aus der Geschichte zu ziehen? Die zehn Punkte sind kein fer­ti­ges Pro­gramm, sondern ein Anstoß für die Dis­kus­sion über eine demo­kra­ti­sche und rechts­staat­li­che Zukunft Russlands. 

Wla­di­mir Putin hat recht klar die wich­tigs­ten Momente umris­sen, die die nähere Zukunft Russ­lands prägen werden: Es geht um eine Unab­setz­bar­keit des Regimes, die eine weitere Archai­sie­rung des Landes bedeu­tet. Putins Regime wird aber – auf die eine oder andere Art – enden, und es wäre gut, wenn sich die Gesell­schaft bis zu jenem Zeit­punkt ent­schie­den hat, wer wir sind, wohin wir gehen, welcher Art unser Weg in dieser sich schnell wan­deln­den Welt ist. Ich möchte hier nicht darüber reden, wie wir das Regime ablösen könnten, sondern viel­mehr einen Akti­ons­plan für die Zeit nach Putin erör­tern. Ich stelle hier die zehn wich­tigs­ten poli­ti­schen Fragen Russ­lands im 21. Jahr­hun­dert zur Diskussion.

1. Impe­rium oder Nationalstaat?

Russ­land ist das ver­gan­gene halbe Jahr­tau­send, wenn nicht gar länger ein Impe­rium gewesen, also ein Land, das seiner Kultur sowie seinem sozia­len und poli­ti­schen Aufbau nach aus unter­schied­li­chen Teilen bestand, die nur durch mili­tä­ri­sche Gewalt zusam­men­ge­hal­ten wurden. Die Men­schen in Russ­land haben sich an das Impe­rium gewöhnt, sie ver­trauen ihm, sie sehen in ihm die Rettung vor Zerfall und Unord­nung im gesell­schaft­li­chen Leben.

Aller­dings sind nun Impe­rien welt­weit von Natio­nal­staa­ten abge­löst worden, in denen eine gemein­same Kultur und der Wunsch der Men­schen vor­herr­schen, auf einem Ter­ri­to­rium nach ein­heit­li­chen Geset­zen zu leben.

Jene, denen es beschie­den war, in den heu­ti­gen „Landen rus­si­scher Zivi­li­sa­tion“ geboren zu werden, und bei denen heute die Ver­ant­wor­tung für deren Zukunft liegt, werden in den nächs­ten Jahren vor der epo­cha­len Ent­schei­dung zwi­schen Impe­rium und Natio­nal­staat stehen. Es ist eine fun­da­men­tale, zivi­li­sa­to­ri­sche Ent­schei­dung. Falls sie nicht jetzt oder falsch getrof­fen wird, werden ihre Kinder und Enkel schon nichts mehr zu wählen haben.

In Bezug auf Russ­land würde meine Wahl zuguns­ten des Natio­nal­staa­tes aus­fal­len, zuguns­ten der Zukunft, und nicht der Vergangenheit.

Die Geschlos­sen­heit einer poli­ti­schen Nation ist, anders als die Geschlos­sen­heit einer „poli­ti­schen Volks­gruppe“, primär: Sie wird nicht vom Staat geschaf­fen, sondern schafft selbst den Staat, sie kon­sti­tu­iert ihn. Deshalb auch wird ein Staat, der von einer Nation geschaf­fen wird (anders als ein Staat, der das Volk kon­trol­liert), tat­säch­lich zu einem Ver­fas­sungs­staat.

Die Schaf­fung eines Natio­nal­staats in Russ­land ver­langt, dass kon­se­quent drei his­to­risch wich­tige Schritte unter­nom­men werden.

Der erste Schritt besteht in einer ent­schie­de­nen Abkehr vom Para­digma des Impe­ri­ums und der Schaf­fung von Bedin­gun­gen, die den Völkern Russ­lands eine freie Wahl ermöglichen.

Der zweite Schritt ist der eigent­li­che Akt der Kon­sti­tu­ie­rung eines neuen Russ­land, jener Beschluss, den die vor hundert Jahren von den Bol­sche­wiki aus­ein­an­der­ge­jagte Ver­fas­sungs­ge­bende Ver­samm­lung nicht mehr fassen konnte.

Mög­li­cher­weise muss dazu eine neue ver­fas­sungs­ge­bende Ver­samm­lung ein­be­ru­fen werden, indem die „schla­fende Bestim­mung“ [Art. 135 Abs.2] der jet­zi­gen Ver­fas­sung akti­viert wird.

Der dritte Schritt wäre eine radi­kale Ver­fas­sungs- und Gerichts­re­form mit dem Ziel, die poli­ti­sche und recht­li­che Infra­struk­tur eines Natio­nal­staa­tes zu schaffen.

2. Super­macht oder Natio­nale Interessen?

2014 wurde in Russ­land ein „Gesell­schafts­ver­trag“ durch einen anderen abge­löst. Der Kreml nahm bei dem alten Abkom­men – „Sta­bi­li­tät im Tausch gegen Frei­hei­ten“ –, das in Russ­land seit 2003 galt, eine erheb­li­che Ergän­zung vor. Der neue Sozi­al­ver­trag lautet jetzt wie folgt: „Größe und Sta­bi­li­tät im Tausch gegen Frei­hei­ten, Gerech­tig­keit und Wohlstand“.

Ziel des Kreml ist es, mit dem Westen (und dann mit China) Ein­fluss­zo­nen abzu­ste­cken, über die betref­fen­den Gebiete die poli­ti­sche und mili­tä­ri­sche Kon­trolle zu über­neh­men und dadurch einen neuen eiser­nen Vorhang zu errich­ten. In der moder­nen Welt kann aber niemand nen­nens­werte Erfolge errin­gen, wenn man allein gegen alle spielt.

Dabei darf aller­dings auch nicht außer Acht gelas­sen werden, dass es objek­tiv natio­nale Inter­es­sen Russ­lands gibt, die geschützt werden müssen. In der Tat besteht das natio­nale Inter­esse Russ­lands darin, das Land mög­lichst schnell in das System der Welt­wirt­schaft zu inte­grie­ren und das (wirt­schaft­li­che und poli­ti­sche) Leben inner­halb des Landes auf eine Art und Weise umzu­ge­stal­ten, dass das Land einen wür­di­gen Platz in diesem System ein­neh­men kann.

3. Mos­ko­wien oder Garderike

Die kom­men­den Gene­ra­tio­nen werden vor Fragen stehen, unter denen die nach dem Zen­tra­lis­mus der rus­si­schen Staats­macht einen geson­der­ten Platz ein­nimmt. Ich bin über­zeugt: In einem derart rie­si­gen Land wie Russ­land führt Zen­tra­lis­mus früher oder später zu Auto­ri­ta­ris­mus. Es wird nicht gelin­gen, im Land ein arbeits­fä­hi­ges Demo­kra­tie­mo­dell auf­recht zu erhal­ten, wenn gleich­zei­tig ein hohes Maß an zen­tra­li­sier­ter Macht besteht.

Die Dezen­tra­li­sie­rung des poli­ti­schen Systems ist die wich­tigste poli­ti­sche Aufgabe, vor der jene Koali­tion stehen wird, die nicht mit Worten, sondern mit Taten einen demo­kra­ti­schen Wandel in Russ­land anstrebt.

Die Urge­stalt des neuen Systems ist tief in der Geschichte Russ­lands zu finden. Sie liegt weiter zurück als der übli­cher­weise ange­nom­mene Anfangs­punkt russ­län­di­scher Staat­lich­keit (das Mos­kauer Zaren­tum). Es hat schließ­lich auch eine andere Rus gegeben, nämlich ein Land selbst­ver­wal­te­ter und höchst unab­hän­gi­ger Städte: Garderike.

In unserer Zeit geht es nicht nur um Städte, sondern um Mega­städte, in denen auf engem Raum Mil­lio­nen Men­schen zusam­men­le­ben. Es sind die Mega­städte mit ihrem prin­zi­pi­ell neuen Format sozia­ler Orga­ni­sa­tion, die heute die Motoren des welt­wei­ten tech­no­lo­gi­schen, wirt­schaft­li­chen und all­ge­mei­nen kul­tu­rel­len Wandels sind.

Stra­te­gisch muss „Mos­ko­wien“ mit seinem allei­ni­gen, domi­nie­ren­den Zentrum, in dem die poli­ti­schen Ent­schei­dun­gen getrof­fen werden, in – his­to­risch gesehen – mit­tel­fris­ti­ger Per­spek­tive in einen mega­städ­ti­schen poli­ti­schen „Mul­ti­zen­tris­mus“ umwan­delt werden. Das bedeu­tet, dass idea­ler­weise ein poli­ti­scher „Mega­städ­te­bund“ die Grund­lage des staat­li­chen Aufbaus Russ­lands bilden sollte.

In Russ­land kann nur ein räum­li­ches System lebens­fä­hig sein, nur ein Dreieck aus starkem Zen­tral­staat, der Mega­stadt als regio­na­lem Unter­zen­trum und einer starken lokalen Selbstverwaltung.

4. Demo­kra­tie oder Opritschnina?

Das Wesen der Oprit­sch­nina bestand in einer Teilung der Macht in einen äußeren und einen inneren Staat (einen Staat im Staat), wobei der innere Staat den äußeren kon­trol­liert und eine ver­steckte poli­ti­sche Kraft darstellt.

Für Russ­land gibt es aber keine Alter­na­tive zur Demo­kra­tie. Andern­falls würde es früher oder später durch einen Schwung des Revo­lu­ti­ons­pen­dels als Staat ver­nich­tet. Die Schwung­weite dieses Pendels kann nur durch Demo­kra­tie gedämpft werden.

Russ­land muss ein demo­kra­ti­sches Fun­da­ment errich­ten, es muss das unter­neh­men, was im west­li­chen Teil Europas bereits seit Langem gesche­hen ist. Es muss aber nicht nur das Ver­passte nach­ho­len, sondern auch jene neuen Her­aus­for­de­run­gen berück­sich­ti­gen, auf die die moder­nen west­li­chen Demo­kra­tien, die heute in ernst­haf­ten Schwie­rig­kei­ten stecken, Ant­wor­ten suchen.

Für die Schaf­fung einer Demo­kra­tie in Russ­land besteht die grund­le­gende Frage darin, wie sich die höchste Macht in einem System der Gewal­ten­tei­lung ein­glie­dern ließe, wie man sie in das Gleich­ge­wicht der Checks and Balan­ces ein­bin­den und den Deep State einer Kon­trolle durch die Gesell­schaft unter­stel­len und über­haupt dessen „sakrale“ Bedeu­tung tilgen könnte. In dieser Phase besteht wohl die beste Lösung in einem Über­gang zu par­la­men­ta­ri­scher Demokratie.

Es ist davon aus­zu­ge­hen, dass in Russ­land ein echtes, klas­si­sches Par­tei­en­sys­tem weder bestan­den hat noch jemals bestehen wird. Es scheint, als würden wir Mecha­nis­mus der Wahlen um etwas anderes herum auf­bauen, etwas, was derzeit an die Stelle tra­di­tio­nel­ler Par­teien tritt.

5. Monopol oder Wettbewerb?

Unter einem durch­weg kor­rup­ten Regime, dem darüber hinaus jedwede ideo­lo­gi­sche Basis fehlt, geraten Mono­pole aus­schließ­lich zu einem Instru­ment der Berei­che­rung für die Clans, die sich an das Regime ange­dockt haben.

Ange­sichts einer ent­wi­ckel­ten Infor­ma­ti­ons­ge­sell­schaft hat sich das Monopol als wich­tige Methode zur Regu­lie­rung des sozia­len Raumes prak­tisch erschöpft. Für Russ­land gibt es keinen anderen Weg als den Über­gang von einer Mono­pol­wirt­schaft zu einer Konkurrenzwirtschaft.

Im Wett­be­werb sind das Wich­tigste die Regeln, durch deren Ein­hal­tung sich ein Akteur breite Ent­schei­dungs­frei­heit sichert. Es ist ein glei­cher und gerech­ter Zugang zum Gestal­tungs­pro­zess dieser Regeln nötig. Falls nämlich diese Regeln jeman­dem Vor­teile ver­schaf­fen, so würde sich der Wett­be­werb in sein Gegen­teil ver­keh­ren, in ver­deckte Mono­pole und Chaos. Dadurch ist ein echter Wett­be­werb nur dann möglich, wenn eine ent­wi­ckelte Zivil­ge­sell­schaft und ein poli­ti­scher (Rechts)Staat bestehen. Ein kor­rup­tes, nicht ablös­ba­res Regime (ein poli­ti­sches Monopol) zusam­men mit einem wirt­schaft­li­chen Monopol – das ist garan­tierte Katastrophe.

6. Wende nach links oder nach rechts?

Meiner Ansicht nach liegt der Tren­nung in „Linke“ und „Rechte“ die Haltung zu Gleich­heit zugrunde. Für eine linke Politik ist ein Streben nach stär­ke­rer Gleich­heit und die Bekämp­fung von Ungleich­heit kenn­zeich­nend. Rechter Politik ist die Aner­ken­nung von Ungleich­heit eigen, vor allem in Bezug auf Ver­mö­gen, aber auch in anderen Kate­go­rien, und der Versuch, wirt­schaft­li­che Akti­vi­tät durch Ungleich­heit anzu­re­gen.

Eine demo­kra­ti­sche Bewe­gung muss dem linken Trug­bild des der­zei­ti­gen Regimes eine reale, „tak­ti­sche“ linke Agenda ent­ge­gen­set­zen. In der gegen­wär­ti­gen Phase könnte diese Agenda in einem Zwei­er­takt wirken: Als schritt­weise Ein­schrän­kung von „Super­kon­sum“ mit Hilfe einer Steuer auf die Ver­er­bung von super­gro­ßen Ver­mö­gen (die ihrem Wesen nach einer Kon­fis­zie­rung gleich­käme), und ande­rer­seits durch eine garan­tierte Bei­be­hal­tung (und sogar all­mäh­li­che Anhe­bung) grund­le­gen­der sozia­ler Ver­güns­ti­gun­gen, vor allem in den Berei­chen Gesund­heit, Bildung und soziale Sicherung.

7. Meinung in Frei­heit oder Glas­nost im Reservat?

Mei­nungs­frei­heit im genauen Sinne dieses Wortes ist das höchste recht­li­che und ver­fas­sungs­mä­ßige Prinzip, dem der Staat unter­wor­fen ist. Im heu­ti­gen Russ­land gibt es zwar kei­ner­lei Mei­nungs­frei­heit, doch hat das auto­ri­täre (seinem Wesen nach sogar neo­to­ta­li­täre) Regime gelernt, eine Koexis­tenz neben den Über­res­ten der Gor­bat­schow­schen Glas­nost zu führen – nicht

ohne Nutzen für sich selbst.

Stra­te­gisch aber müssen wir weniger auf eine voll­stän­dige Wie­der­her­stel­lung der Glas­nost hin­ar­bei­ten, als viel­mehr feste Ver­fas­sungs­ga­ran­tien für Mei­nungs­frei­heit schaf­fen. Wir müssen zu einem voll­wer­ti­gen, freien und offenen Medi­en­markt über­ge­hen, der recht­lich durch klare Gesetze gere­gelt wird. Nur wenn ein solcher Markt mit echtem Wett­be­werb besteht, kann das Recht auf Mei­nungs­frei­heit tat­säch­lich garan­tiert werden.

Falls Medien durch Haus­halts­mit­tel unter­stützt werden müssen, muss sicher­ge­stellt werden, dass diese Unter­stüt­zung trans­pa­rent erfolgt, und dass weder ein­zelne Beamte noch deren Kor­po­ra­tion als Ganzes zu Nutz­nie­ßern dieser Sub­ven­tion werden können.

Wenn es gelingt, den Medi­en­markt zu sta­bi­li­sie­ren und die Vor­aus­set­zun­gen zu schaf­fen, dass sich eine viel­fäl­tige Medi­en­land­schaft ent­wi­ckelt, in der die Medien ent­we­der auf­grund eigener Res­sour­cen arbei­ten (also wirt­schaft­lich unab­hän­gig sind), oder aber – unter trans­pa­ren­ten Bedin­gun­gen und gesell­schaft­li­cher Kon­trolle – mit staat­li­cher För­de­rung, dann können wir uns auf den zweiten Aspekt des Pro­blems kon­zen­trie­ren, nämlich die „poli­ti­schen“ Garan­tien für die Unab­hän­gig­keit der Medien.

8. Par­la­men­ta­ri­sche oder prä­si­den­ti­elle Republik?

Durch die Ent­schei­dung für ein prä­si­den­ti­el­les Modell öffnet dem Regime – anders, als bei einem par­la­men­ta­ri­schen Modell – erheb­lich mehr Räume, um von einer demo­kra­ti­schen Umge­stal­tung abzurücken

Das ist der wich­tigste und einzige Grund, aus dem ich für das Russ­land meiner Träume die par­la­men­ta­ri­sche Repu­blik vor­zie­hen würde.

Wenn das Par­la­ment insti­tu­tio­nell im Zentrum des poli­ti­schen Systems in Russ­land steht, erhöht sich auto­ma­tisch die Wer­tig­keit des Abge­ord­ne­ten­man­dats und somit auch des gesam­ten Wahlverfahrens.

Der Über­gang zu einer par­la­men­ta­ri­schen Repu­blik ist der einzige reale Weg für einen Neu­start des poli­ti­schen Systems in Russ­land, und genau hierin, und in nichts anderem besteht deren Vorteil gegen­über einer prä­si­den­ti­el­len Republik.

9. Dik­ta­tur des Geset­zes oder Rechtsstaat?

Ein Rechts­staat ist ein Staat, in dem die Gesetze bestimm­ten Kri­te­rien genügen müssen.

Ein Gesetz ist dann rechts­staat­lich, wenn es von einem voll­wer­ti­gen, tat­säch­lich von den anderen Gewal­ten unab­hän­gi­gen – und auf­grund eines demo­kra­ti­schen Wahl­ge­set­zes gewähl­ten – Par­la­ment ver­ab­schie­det wurde, also dem ein­zi­gen legi­ti­men Gesetzgebungsorgan.

Die Gesetze müssen dabei auf Prin­zi­pien auf­bauen, die außer­halb von Zeit und Raum gelten. Meiner Ansicht nach ist dieses grund­le­gende Prinzip die Frei­heit. In jedem kon­kre­ten Fall müssen wir unter Berück­sich­ti­gung der wirt­schaft­li­chen, sozia­len und poli­ti­schen Situa­tion prüfen, ob das betref­fende Gesetz den Schutz der Rechte und Frei­hei­ten des Men­schen fördert oder nicht.

10. Gerech­tig­keit oder Barmherzigkeit?

Es wird all­ge­mein aner­kannt, dass Gerech­tig­keit ein grund­le­gen­der mora­li­scher Impe­ra­tiv für die Politik dar­stellt. Nun bedeu­tet Gerech­tig­keit für jeden etwas anderes, eigenes, und es ist nur sehr schwer, einen gemein­sa­men Nenner für „eine Gerech­tig­keit für alle“ zu finden. Zwei­tens, und noch wich­ti­ger: der Preis für eine aus­ba­lan­cierte Gerech­tig­keit ist oft unver­hält­nis­mä­ßig hoch.

Damit sich das nicht ein ums andere Mal wie­der­holt, muss die ele­men­tare Suche nach Gerech­tig­keit in einen Rahmen gebracht werden. Dieser Rahmen lässt sich meiner Ansicht nach nur auf eine Weise schaf­fen, nämlich, indem man sich auf ein tie­fer­ge­hen­des und uni­ver­sel­le­res Prinzip als die Gerech­tig­keit stützt.

Dieses Prinzip ist für mich die Barm­her­zig­keit, nämlich die Fähig­keit mit­zu­füh­len und zu ver­zei­hen; es ist gleich­sam eine Gerech­tig­keit zweiter Ordnung. Wenn wir die Politik und das Recht an der Gerech­tig­keit messen, dann müssen wir Gerech­tig­keit wie­derum an Barm­her­zig­keit messen, und so ver­hin­dern, dass erstere sich in ihr Gegen­teil verkehrt.

Textende

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